B(u)B Presse: Tiroler Tageszeitung

Sammlung noch nicht gebauter Häuser
Viele gute Architekturentwürfe werden nicht verwirklicht. Dieses Problem will Architektin Lena Schacherer ein für alle Mal ad acta legen. Ihre Plattform „BEST(un)BUILT“ zeigt bereits Erfolge.
Von Ursula Philadelphy
Innsbruck – Man will ein Haus bauen und steht nicht selten vor dem Problem, für welchen Architekten man sich entscheiden soll. Im blödesten Fall haben Bauherr und Bauherrin noch dazu divergente Traumvorstellungen und das Budget ist auch noch nicht ganz unter Dach und Fach. Nicht selten endet die Szenerie dann, „weil sich die Bauherrschaft nicht über den Entwurf einigen kann oder sich scheiden lässt“, wie Horst Parson einmal auf den Punkt brachte, mit einem wunderbaren Entwurf – allerdings in der Schublade. 

Jeder Architekt kann von so einer Situation ein Klagelied singen, wobei dann jenseits der Kategorie Einfamilienhäuser auch noch jene der nicht gewonnenen oder doch nicht realisierten Wettbewerbe dazukommen. Eine horrende Menge an vergeudeten Arbeitsstunden und architektonischen Hirnschmalz, denn immerhin sind in Österreich an die 3000 Architekten aktiv tätig. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Für Lena Schacherer die zehn Jahre lang als Architektin Häuser gebaut, mobiles Wohnen entwickelt und städtebauliche Masterplanungen gemacht hat, ein Zustand, der inakzeptabel war. Sie hatte es bei sich und vielen Kollegen erlebt. „Viel Gutes wird einfach gestoppt, mit dem nichts mehr gemacht wird – das ist emotional schwierig, ärgerlich und schade“, meint sie im Gespräch. So gesehen ist BEST(un)BUILT ein Projekt wider die Ressourcenverschwendung, bei dem spannende und nicht realisierte Entwürfe von bekannten Architekten, aber auch von interessanten Newcomern angeboten werden.
„Einer kann etwas doch nicht bauen und es verschwindet in der Schublade“ und zugleich gibt es Bauherren mit keiner üppigen Brieftasche, die sehr gerne ein exklusives Architektenhaus hätten.
Schacherer zielt auf die Win – win – Situation ab und entwickelte BEST(un)BUILT (www.best-un-built.com). Sie startete vergangenen Winter mit ihrer „Sammlung noch nicht gebauter Einfamilienhäuser“ bei der „jedes Haus einzigartig und von herausragender Qualität ist“. Es ist im Prinzip nichts anderes als ein umdrehen der Auftragssituation: das Projekt sucht nun einen Bauherren.
Unter dem Motto „we open up the architects archives for you“ ist Schacherer inzwischen international vernetzt und das nach nur einem halben Jahr Laufzeit. Man kann auf der Plattform gemütlich stöbern, „sich inspirieren lassen und das passende Planprodukt kaufen“. Derzeit sind Projekte von SYNC Architecture, mostlikely architecture, Chalabi Architekten & Partner oder bòdvay architects, pedit & partner, um nur einige zu nennen, ebenso online wie etwa ein Hofhaus von Lena Schacherer selbst.
Es ist ein bisschen wie „Ile sur la Sorgue“ in der Provence ein Hotspot für die internationale Antiquitätenszene ist, ein noch eher unbekannter Hotspot für Architekturpläne. Nachdem hier die Einreichpläne nicht realisierter Einfamilienhäuser bis zu 70% unter dem üblichen Preis verkauft werden, gibt es natürlich auch viel Kritik aus der Architektenriege, die diese Idee teilweise als geschäftsschädigenden Affront sieht.
Natürlich sind diese Pläne keine Maßanfertigungen, weshalb Kritiker das ganze Projekt gerne in die Kategorie Restlverwertung einordnen. Zumal mit den Plänen auch kein Unikat erwirbt, da sie mehrfach verkauft werden können. Wer verhindern will, dass ein und dasselbe exklusive Architektenhaus doch nicht ganz so exklusiv ist und in unmittelbarer Nähe nochmals aus dem Boden sprießt hat allerdings die Möglichkeit, mit einem Aufpreis einen Gebietsschutz zu erwerben.
Das Urheberrecht bleibt übrigens bei den Architekten, an BEST(un)BUILT gehen nur die Werknutzungsrechte und der Architekt bekommt Prozente für jeden verkauften Plan. Wer zu seinen erstandenen Plänen noch Adaptierungen möchte, kann über die Plattform mit dem Architekten Kontakt aufnehmen und wer gar nichts findet, was seinen Ideen entspricht, kann über einen Suchfilter auch perfekt Passendes aus den Archiven der Architekten suchen lassen.